Fibromyalgie und Schmerz:

Inhalt der Seite Was ist das Fibromyalgie Syndrom?  
Neurobiologische Erklärungsansätze 
Die Rolle der Psychiatrie bei der Behandlung der Fibromyalgie
Psychologische Faktoren bei der Schmerzchronifizierung 
Physikalische Therapie
Links und weiterführende Informationen:  
Selbsthilfegruppen:

Kurznotizen eines Seminars am 13.11.2004 in der Fachklinik Enzensberg Hopfen a. See http://www.fachklinik-enzensberg.de/index.shtml?programm_3schmerztage
Was ist das Fibromyalgie Syndrom?  
Als gegenwärtig attraktivste Antwort kann gelten, dass das Fibromyalgiesyndrom (FMS) eine Störung der zentralen Schmerzverarbeitung darstellt mit „rheumatic complaints".  Das heißt: : Das Fibromyalgiesyndrom ist  eine besondere Form einer chronischen Schmerzerkrankung auf zentraler Ebene des Nervensystems mit bevorzugter Symptombildung im  Bewegungssystems - und keine spezielle Form der Erkrankung des Bewegungssystems.  (Dr. Ingomar Conrad Hannover )
Neurobiologische Erklärungsansätze der Fibromyalgie stellte Prof. Dr. med. S. Mense, Institut für Anatomie und Zellbiologie III Universität Heidelberg, Im Neuenheimer Feld 307 D-69120 Heidelberg dar: Zu den klinischen Symptomen des Fibromyalgie-Syndroms (FMS) gehören generalisierte Schmerzen, die vorwiegend in die Skelettmuskeln lokalisiert werden. Daneben spielen Schlaflosigkeit und Störungen des vegetativen Nervensystems eine Rolle. Oft besteht eine erhöhte Medikamentenempfindlichkeit und leicht eintretende unerwünschte Arzneimittelwirkungen.  Die Schmerzschwelle ist überall, nicht nur in den Sehnenansätzen gesenkt. Das Konzept der schmerzhaften Sehnenansätze (Diagnosekritierien des american college of Rheumatologists (ACR) 1990 ist deshalb teilweise überholt. Die Schmerzen werden spontan empfunden oder sie verstärken sich bei nichtschmerzhafter mechanischer Reizung  und unter Stressbedingungen.  

Neuroplastizität und chronischer Schmerz  Zu den Mechanismen der Erkrankung und Krankheitsentstehung:   http://www.fibromyalgie-aktuell.de/papers/mense.htm  
Histologische und elektronenmikroskopische Untersuchungen der Muskulatur zeigen keine Gewebsveränderungen, die die starken Schmerzen der FMS-Patienten erklären könnten. Deshalb werden neben psycho-somatischen Störungen eine zentralnervöse Fehlfunktionen der Schmerzverarbeitung als Ursache der FMS-Schmerzen diskutiert.  Andere Schmerzsensitivierende Mechanismen wie die Glutamatvermittelte "Langzeitpotenzierung" synaptischer Übertragungen im Rückenmark führen zu einem "Schmerzgedächtnis" genauso wie Umstrukturierungen der der schmerzverarbeitenden Areale der Hirnrinde (corticale Plastizität). 
Während akute Schmerzen mit den vorhandenen Medikamenten meist schnell beseitigt werden können, ist Patienten, die unter Lernprozesse der Nervenzellen im Rückenmark zurück. Ein wesentliches Merkmal von Lernvorgängen auf der Ebene einzelner Nervenzellen ist, daß ein externer Reiz die Funktion der Zelle anhaltend ändert. Solches Verhalten wird allgemein als plastisch bezeichnet. In diesem Artikel wird der Begriff ,Neuroplastizität" für jede anhaltende neuronale Veränderung verwendet, unabhängig von der Dauer des auslösenden Reizes. Experimentelle Befunde sprechen für eine Beteiligung des Neuropeptids Substanz P, Stickstoffmonoxid (NO) und Glutamat an der veränderten Reaktion der Neurone.

  Eine Möglichkeit einer solchen Fehlfunktion besteht in einem Ausfall oder einer zu geringen Aktivität des schmerzhemmenden deszendierenden (d.h. vom Mittelhirn ins Rückenmark absteigenden) Systems. Das System hat seinen Ursprung im Zwischenhirn und wird in der "Medulla oblongata" (Verlängertes Mark, unterer Hirnstamm)  auf mehrere Bahnen verteilt. Diese Bahnen funktionieren mit Überträgerstoffen wie Serotonin, Noradrenalin und endogenen Opiaten und  verlaufen über die gesamte Länge des Rückenmarks nach unten und hemmen die Neurone am Ursprung des Tractus spinothalamicus, des wichtigsten schmerzvermittelnden Trakts des Menschen. Hierdurch haben Antidepressiva einen direkten Einfluß auf die Schmerzwahrnehmung und Empfindlichkeit. Das Hauptergebnis der Experimente war, dass schmerzvermittelnde (nozizeptive) Neurone nach Ausschaltung der Hemmung ein völlig verändertes Verhalten zeigten: Sie entwickelten eine Ruheaktivität (Ruheaktivität in nozizeptiven Neuronen entspricht Spontanschmerzen), sie reagierten bereits auf nicht-schmerzhafte Reize (entspricht einer Allodynie: normale Reize sind schmerzhaft ), und zeigten gesteigerte Antworten auf Schmerzreize (entspricht einer Hyperalgesie: die Schmerzschwelle wird gesenkt). Neurone, die Schmerz aus Muskeln und Gelenken vermittelten, unterliegen einer stärkeren Hemmung als Nervenzellen, die Hautschmerz vermittelten. Dieser Befund lässt vermuten, dass eine Funktionsstörung des Hemmsystems primär zu Tiefenschmerz führt.                                                                             Zurück zum Seitenanfang

Der Beitrag der Psychiatrie zur Erhellung des Rätsels Fibromyalgie
Abstract zum Vortrag von Jürg. B. Haefliger : Neben schwer belastenden Erfahrungen verschiedenster Art (Krieg, Entbehrungen, Verluste) wurden bei FibromyalgiepatientInnen v.a. gehäuft sexueller Missbrauch und körperliche Misshandlungen festgestellt. Bei etlichen FibromyalgiepatientInnen lassen sich im Vorfeld des Ausbruchs der Erkrankung umschriebene, belastende Ereignisse oder Situationen identifizieren. Dabei kann es sich um ein einzelnes, zeitlich abgegrenztes Ereignis handeln, wie den Verlust eines Angehörigen, eine Entlassung oder einen schweren Unfall. Aber auch andauernde, nicht als einzelne belastende Situation zu beschreibende Ereignisse, wie z.B. die Pflege eines kranken Angehörigen oder Arbeitslosigkeit werden gehäuft gefunden. 

Wie generell bei chronischen Schmerzsyndromen unterstützen auch bei der Fibromyalgie parallel auftretende psychiatrische Syndrome den Chronifizierungsprozess. Eine besondere Bedeutung spielt hier sicher die Depression, wobei in diesem Zusammenhang unerheblich ist, ob eine solche bereits vor Ausbruch der schmerzhaften Erkrankung bestand oder diese sekundär, als Reaktion auf die anhaltenden Schmerzen auftrat. In beiden Fällen stellt die Depression einen schmerzverstärkenden Faktor dar. Dafür ist nicht das Vollbild einer "Major Depression" notwendig, sondern es genügt das häufig übersehene und in seiner Intensität nicht so auffällige Störungsbild der "Dysthymia". Ungünstige soziale Bedingungen (Arbeitsprobleme, soziopolitische Probleme, finanzielle Schwierigkeiten, Beziehungsschwierigkeiten) sind zusätzlich in der Lage ein Schmerzsyndrom zu unterhalten oder in seiner Intensität zu  verstärken.

Vermehrt Aufmerksamkeit wird in der letzten Zeit der Art und Weise geschenkt, wie ein Betroffener mit seiner Krankheit umgehen kann und was für eine Bedeutung er ihr zuschreibt. Als besonders ungünstig und die Chronifizierung fördernd gilt die Meinung, dass nichts selber zu einer Verbesserung beigetragen, sondern dies allein durch die Anstrengung der medizinischen Fachleute erreicht werden kann. Ebenso ungünstig ist der Glaube, an einer schwere Erkrankung zu leiden, wie auch die Überzeugung, dass sich diese in Zukunft nur verschlechtern kann. 

Entsprechend des multidisziplinären Ansatzes zur Erklärung der Fibromyalgie muss die Therapie ebenso mulitdisziplinär sein. Die Psychiatrie hat deshalb in diesem Kontext eine wichtige Bedeutung. So besteht die Möglichkeit, schwierige Lebensereignisse, ungeachtet, ob sie in der Kindheit oder im Erwachsenenalter auftraten, zu verarbeiten. Eine Depression ist behandelbar, kognitive Überzeugungen können korrigiert werden. Mit derartigen Massnahmen, wird das Syndrom mit Wahrscheinlichkeit nicht zum Verschwinden gebracht werden. Es ist aber zu erwarten, dass die Betroffenen damit an Lebensqualität gewinnen und nicht weiter von den Schmerzen beherrscht werden. 
http://www.psychotraumatologie.ch/Fibromyalgie_Psychiatrie.htm            
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  Psychotherapeutisches Therapieziel ist die Verbesserung der Lebensqualität, ohne Schmerzfreiheit zu versprechen.  Erlernen einer Entspannungsmethode (Progressive Muskelrelaxation), Zusammenhang von Stress- Muskelverspannung- Schmerz, Auslöser von Schmerz (Verhaltensanalyse).  Aufmerksamkeitslenkung, D.h. es geht um die Ausweitung der Selbstwirksamkeit, dem Gefühl, selbst Einfluß zu haben auf die eigene Lebensgestaltung durch Änderung von Gedanken und Einstellungen, Erwerb einer neuen Sichtweise der eigenen Person und einen  anderen  Umgang mit den Schmerzen.  Inhalte eines kognitiv-behavioralen Gruppenprogramms sind u.a.: Wissensvermittlung über chronischen Schmerz,  operante Aspekte von Schmerz, wie Krankheitsgewinn und Schonung. 
Dr. med. Winfried Häuser , Zentrum für Schmerztherapie/ Medizinische Klinik I , Klinikum Saarbrücken. Patientinnen mit FMS erfüllen häufig, jedoch nicht immer die Kriterien einer "somatoformen Schmerzstörung".  Von psychosomatischen Autoren wird das FMS häufig als somatoforme Schmerzstörung oder Somatisierungsstörung bzw. somatisierte Depression klassifiziert.  Anhand strukturierter psychosomatischer Interviews lassen sich eine somatoforme Schmerzstörung vom Typ des FMS, ein FMS vom Typ der somatisierten Depression, ein FMS mit reaktiver Depression sowie ein FMS ohne psychische Komorbiditiät unterschieden. Auch schmerzbedingte Lernprozesse bei häufigen OPs (Schmerzgedächtnis), autoimmune und/oder entzündliche Prozesse im Zwischenhirn können das schmerzmindernde Bahnensystem im Rückenmark beeinträchtigen. Es wird über vermehrte körperliche und seelische Missbrauchserfahrungen -auch im Erwachsenenalter - im Vergleich zu gesunden Kontrollgruppen berichtet.   

Bei der Schmerzchronifizierung spielen psychologisch verstärkende Schmerzverarbeitungsmechanismen wie Schonung, Zuwendung und sekundäre Krankheitsgewinne bei der Chronifizierung der Schmerzen eine große Rolle.  D.h. es ist wichtig, daß die Krankheitssymptome nicht zum zentralen Inhalt einer Partnerschaft werden.
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. Physikalische Therapie: Reduzierte körperliche Belastbarkeit ist ein häufiges Problem bei Fibromyalgie - Patienten. Aufgrund der Schmerzen ist meist die Aktivität reduziert, was dazu führt, dass sich die körperliche Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit mehr und mehr verringert. Es kann soweit gehen, dass selbst alltägliche Bewegungen nicht mehr ohne Probleme möglich sind. 

praktische Übungen  sind  z.B. abrufbar  unter der Seite  www.change-pain.de z.b.  ein Rückentraining  für die Hals und Brustwirbelsäule  :  http://www.change-pain.de/grt-change-pain-portal/Change_Pain_DE_Patient_Home/Service/Download-Shop/de_DE/303900112.jsp#Download/Shop 

Strukturelle Überbelastungen durch schmerzhafte, falsche, nicht angepasste Bewegungen, führen dazu, dass die Patienten sich wieder vermehrt schonen.  Grundlagen der Stabilität, einem Fundament der schmerzfreien normalen Bewegungen müssen erarbeitet werden und in ein entsprechendes Übungsprogramm integriert werden .                              Zurück zum Seitenanfang

Links:  
Grundinfos

http://www.schmerzklinik-aalen.de/downloads.html

http://www.werde-gesund.info/therapie/Fibromyalgie.htm

http://www.strathmannag.de/sag/public/topics/schmerz/schmerzf.php#wissenschaft

http://www.fibromyalgie-rhp.de/Beschreibung/Beitrage1/beitrage1.html

Linkliste für Laien:

http://www.fibromyalgie-forum.de/index.html?frieling2.html

Linkliste der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes  (sehr fundierte Beiträge)

http://www.fibromyalgie-aktuell.de/literatur.htm

Übersichtsartikel:  Dateiformat: PDF/Adobe Acrobat

Pongratz: Fibromyalgie eine Standortbestimmung 

http://www.schattauer.de/zs/nhk/2004/10/pdf/04100554.pdf

 http://www.harvardkurs.de/muskel/pdf/72_muskel_ss04_vorlesung_pongratz.pdf

Beitrag vor allem auch zu psychosomatischen Zusammenhängen: Prof. Egle Mainz:

http://www.klinik.uni-mainz.de/Psychosomatik/PDF_Literatur/egle2004Fibro.pdf

Microsoft PowerPoint - muskel_ss04_vorlesung_pongratz.ppt ...  

Weitere Links zum Thema Rheumatologie auf der Homepage des Diakonie-Krankenhauses: 

http://www.diaksha.de/Links.164.0.html

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Selbsthilfegruppen: 
Rheumaliga Arbeitsgemeinschaft Schwäbisch Hall: 74400 – 74599 
Treffen im Parkhotel Ilshofen, 2. Dienstag im Monat Kontakttelefon: Frau Schmale bei der AOK:  
bitte telefonisch Termin nachfragen.
Leitung und Beratung: Rotraut Schmale-Grede, Tel. 0791/75 71 67 (Fax 0791/75 72 05)

Sprechzeiten: Montag bis Freitag 8:00 Uhr – 12:15 Uhr Montag 14:00 Uhr – 17:45 Uhr

Aktivitäten: Trocken- u. Warmwassergymnastik, Sporttherapie für GTM-Betroffene, Rheuma-Treffs, ärztliche Beratung, Ergotherapie, Schmerzbewältigungstraining, Besuchsdienst, Ausflüge

Arbeitskreis FIBROMYALGIE

Ansprechpartner: Elisabeth Dürr, Tel. 07955/3190        74599 Wallhausen, Otto-Ströbel-Weg 4 
Ilse Messerschmidt, Tel. 07976/579
74429 Sulzbach/Laufen, Obere Schloßhalde 15                                 

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